Alte Kornmühle in Ramsbeck

Elektrizitätswerk Bestwig

Elektrizitätswerk Bestwig
Beginn der Stromversorgung im Oberen Ruhrtal

Die Erzeugung von Elektrizität begann im ehemaligen Kreis Meschede um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert. Es waren zuerst die Fabrikbetriebe, die mit Hilfe von Wasserkraft die elektrische Energie nutzten. Beispielhaft wird die Firma Gebrüder Eickhoff in Heinrichsthal (1886) genannt.

 Das erste öffentliche Elektrizitätswerk im Landkreis Meschede wurde in Bestwig gebaut. Auf Initiative von Carl Freiherr von Lüninck aus Ostwig hin befassten sich am 9. Juni 1897 die Verordneten der Gemeinde Velmede mit der Angelegenheit „Stromversorgung“. Unter dem Tagesordnungs-Punkt 820 „Anregung zum Bau einer elektrischen Central-Anlage für Beleuchtung und Kraftübertragung“ wurde dann folgender Beschluss gefasst:

„In der heutigen Sitzung der Gemeindevertretung Velmede, zu welcher die Mitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung am 4. des Mts. vorschriftsmäßig eingeladen waren, wurde Folgendes verhandelt und beschlossen: Auf das Schreiben des Freiherrn von Lüninck in Ostwig vom 4. des Mts. erklärte die Versammlung, wie sie nicht abgeneigt sei, für Velmede und Bestwig die Straßenbeleuchtung durch elektrisches Licht herstellen zu lassen und soll der Genannte ersucht werden, vorab diesbezügliche Offerten der Gemeinde Velmede zu machen; jedenfalls wird eine große Anzahl der Eingesessenen das elektrische Licht benutzen, wenn die Kosten sich nicht zu hoch darstellen.“

Elektrizitätswerk und Betriebsgebäude 1908
Elektrizitätswerk und Betriebsgebäude 1908
Elektrizitätswerk und Betriebsgebäude 1908
Elektrizitätswerk und Betriebsgebäude 1908

In den folgenden drei Jahren fanden Beratungen und Verhandlungen statt.

Am 15. April 1898 hat die Gemeindevertretung den Amtmann Dransfeld beauftragt,  „zwecks Anlage von Straßenlaternen für die Gemeinde Velmede mit dem Fabrikanten F.J. Bergmann aus Neheim in Verbindung zu treten“.  Absicht war, eine möglichst hohe Anzahl interessierter Haushalte für die „elektrische Beleuchtungs-Option“ zu gewinnen, in dem mit der neuen Straßenbeleuchtung in den Orten geworben wurde.

Am 19. April 1900 erhielt die Firma Pfretschner aus Düsseldorf von der Gemeinde Velmede die Konzession zum Bau und Betrieb des Elektrizitätswerkes Bestwig. Die Firma führte sodann eine Haushaltsbefragung durch, und ihre Ingenieure informierten in Vorträgen im Gasthof Gerhardt in Bestwig über die Möglichkeiten zur Nutzung der neuen Energie. Allerdings erklärten sich nur 51 Haushalte (von 332) bereit, einen Stromanschluss zu beantragen.

 Nicht zuletzt auf Grund der vom Kreisausschuss Meschede geforderten Rentabilitätsvorgaben und Sicherheitsvorkehrungen stand die Realisierung des Projekts zunächst auf der Kippe. Die Entscheidung für den Bau des Kraftwerkes wurde dann dadurch begünstigt, dass mit dem Kalkwerk Bestwig am 15. Oktober 1900 ein Stromlieferungsvertrag abgeschlossen werden konnte.

Im Jahre 1900 wurde auch das Angebot des Freiherrn von Lüninck angenommen, die Mühle mit den Wasserrechten auf dem Gelände des sehr alten Niederhofes in Bestwig zu erwerben. Durch die Nähe des Grundstücks zur Valme und durch den angelegten Obergraben war eine ausreichende Wasserversorgung gesichert. Auf diesem Gelände wurde jetzt der Kraftwerkskomplex errichtet.

Nach den für das Elektrizitätswerk Bestwig geltenden Bedingungen zur Stromlieferung verpflichtete sich die Firma Pfretschner, Strom zu jeder Tages- und Nachtzeit bereitzustellen.

Am 1. April 1901 nahm das Elektrizitätswerk Bestwig den Probebetrieb auf. Die Stromversorgung der angeschlossenen Haushalte und des Zementwerkes dauerte jedoch nur kurz. Bereits am 25. Mai 1901 wurde über das Vermögen der Firma Pfretschner der Konkurs eröffnet. Die Gemeinde Velmede führte dann den Betrieb des Kraftwerkes auf Rechnung der Konkursmasse fort. Der Gemeinderat entschied sich durch einstimmigen Ratsbeschluss vom 29. September 1901, die vorhandene Anlage anzukaufen und auszubauen. Hierbei hat auch die erwartete Elektrifizierung des Bahnhofs Bestwig eine Rolle gespielt.

Am 1. Juli 1902 erhielt die Firma Max Schorch & Cie. in Reydt den Auftrag, die elektrische Anlage fertig zu stellen. Sie erstellte auch das Leitungsnetz. Die Firma verpflichtete sich, die elektrische Anlage und das Leitungsnetz bis zum 1. September 1902 zu errichten, denn an diesem Tage musste laut Vertrag die Stromlieferung an den Bahnhof Bestwig erfolgen. Im Zement- und Kalkwerk wurde Strom für den Betrieb eines Elektromotors am Kalkbrecher benötigt. Bis zu diesem Tag sollte auch für die Haushalte in Bestwig und Velmede die Stromversorgung beginnen.

Bahnhofsgelände und Zementwerk in Borghausen
Bahnhofsgelände und Zementwerk in Borghausen

Insofern ist der 1. September 1902 als der Tag zu bezeichnen, an dem die öffentliche Stromversorgung hier und im Landkreis Meschede ihren Anfang nahm.

1914Erwerb sämtlicher Stammanteile der Elektrizitätswerke Bestwig und Meschede G.m.b.H. durch den Kreis Meschede. Ziel: gleichmäßige Strukturentwicklung im Kreisgebiet;
1928Übernahme durch die V.E.W.
2000VEW zu RWE
2009Gründung der Hochsauerlandenergie
2016Verkauf der Anlagen an die Stadtwerke Mainz