Alte Kornmühle in Ramsbeck

 Allgemeine Entwicklung sowie des Ortes Bestwig und der Nachbarorte

Wirtschaftliche Entwicklung

Die Verkehrsader durch das Ruhrtal hat die wirtschaftliche Struktur des Raumes in wenigen Jahren erheblich mitgeprägt. Die Holz- und Steinindustrie war nicht mehr auf teure Landfrachten angewiesen. Von den eisenverarbeitenden Betrieben wurden begehrte Arbeitsplätze angeboten. Erze und Schiefer mussten nicht mehr umständlich mit Pferdefuhrwerken befördert werden.

Auch der Handel wurde stark durch den Schienenstrang belebt. So konnten z.B. die Colonialwarenfirma Sauerwald und Söhne sowie die Schieferbau AG in Nuttlar ihre Erzeugnisse nun in einem deutlich größeren Gebiet als vorher vertreiben.

Allgemeine Ortsentwicklungen

Bestwig war 1864, 8 Jahre vor der Eröffnung der Eisenbahn, ein Weiler mit 7 Häusern und 44 Einwohnern. Aber bereits 4 Jahre nach der Eröffnung der Bahnlinie auf 170 und bis 1905 auf 625 Einwohner angewachsen.

Die Gemeinde Velmede zählte 1871 nur 106 Wohnhäuser, im Jahre 1905 jedoch 224. Die Einwohnerzahl war innerhalb von 34 Jahren um ca. 70 % gewachsen.

Im Zeitraum 1871 bis 1905 wuchs die Anzahl der Häuser in Ostwig von 51 auf 106, in Nuttlar von 104 auf 141. Die Einwohnerzahlen der Nachbarorte Velmede, Ostwig und Nuttlar stiegen bis zum Jahr 1905 um mehr als 1.600 an; hier spiegelt sich der hohe Personalbedarf der Eisenbahneinrichtung wider.
Dem Statistischen Einwohnerbuch des Kreises Meschede von 1940 nach waren bei der damaligen Reichsbahn beschäftigt:

Velmede-Bestwig 150
Ostwig 84
Nuttlar 78
Heringhausen 20
Gevelinghausen 6




Auswirkungen der Eisenbahnnutzung

Die Entwicklung im Bereich der Eisenbahn zeigt sich an den Grafiken für 1878.

Bei dem Personenverkehr liegt Bestwig über den Werten von Olsberg und Brilon.







Bei den Gütern von 5 – 10 Tonnen liegt Bestwig noch vor Arnsberg und Brilon.







Bei den Gütern ab 10 Tonnen liegt Bestwig deutlich an der Spitze. Dieses ist insbesondere auf die Erze aus Ramsbeck und den Schiefer aus Nuttlar zurückzuführen.

Bahnhofsrestauration

Der Bahnhofswirt Otto Göbel war seit kurz vor der Jahrhundertwende zum 20. Jh. eine schon fast weltweit bekannte Persönlichkeit. Viele Sonderzüge und Fernzüge hielten jahrzehntelang in Bestwig.
In den früheren Jahren hatten sie noch keinen Speisewagen. So war z.B. mit der Sonderzugfahrkarte vom Rhein-Ruhrgebiet zur Leipziger Messe ein einstündiger Aufenthalt im Bahnhof Bestwig zur Beköstigung in der hochherrschaftlich ausgestatteten riesengroßen Bahnhofsgaststätte verbunden, die nach Klassen unterteilt war.

Auch später hatten alle durchgehenden Züge in Bestwig Aufenthalt. Am Bahnsteig 1 befand sich ein langgestreckter Verkaufspavillon des Bahnhofswirts, der die stattliche Anzahl von 40 Personen beschäftigte

Nach dem Tod von Otto Göbel führte sein Sohn Franz die Gastronomie weiter. Dann wurden die Räumlichkeiten größtenteils von der Betriebsküche der Eisenbahner übernommen. Anschließend war dort die „Ess-Bahn“ des Metzgers Ernst Fischer aus Nuttlar untergebracht, die jedoch 2020 geschlossen wurde.

Unterkünfte der Eisenbahner und Einbindung  im Ort

Für ihre Bediensteten hat das Betriebswerk Wohnungen in eigens errichteten Häusern zur Verfügung gestellt. Mehr als die Hälfte davon waren „komfortable“ Dienstwohnungen. So fand man Regelungen in der Wohnungsvergabe entsprechend den Besoldungsgruppen, welche die Wohnungsinhaber in ihrem Dienst hatten. Für die Arbeiter gab es einfachere Wohnungsunterkünfte.
Insgesamt wurden 12 Wohnhäuer errichtet.
Die hohe Anzahl des Personals konnte jedoch nicht untergebracht werden. Da in Bestwig das erforderliche Bauland nicht zur Verfügung gestellt wurde, siedelten sich die Eisenbahner in den Nachbarorten Ostwig, Nuttlar, Heringhausen, Ramsbeck und Velmede an.

Als besondere Unterkunft wird auf das Übernachtungsgebäude (rechts) in Bestwig hingewiesen. Darin konnte sich das fahrende Eisenbahnpersonal aufhalten und auch übernachten. Wie ein Bestwiger berichtete, konnten auch Außenstehende für 20 Pfennig in der Übernachtung ein Bad nehmen.





In dem Übernachtungsgebäude waren im Kellergeschoss die Sanitärräume, im Erdgeschoss die Aufenthaltsräume und im 1. Obergeschoss die Schlafräume eingerichtet.

Links das 1. Obergeschoss

Weitere Einrichtungen im Bereich des Bahnhofes

Der Eisenbahnsportverein hatte eine mit fast allen Sportgeräten ausgestattet Turnhalle.

Weiterhin verfügte der Eisenbahnsportverein über eine hochmoderne Schießanlage.

Es gab ein komplett ausgestattetes öffentliches Schwimmbad sowie einen Fußballplatz nördlich des Bahnhofes.

Am Bahnhof hatten sechs Taxiunternehmer ihren Stand.

Entwicklung von Bestwig in den ersten Jahren

Mit dem Bau der Eisenbahn nahm auch der Ort Bestwig einen immensen Aufschwung. Handwerker siedelten sich an, ebenso Geschäfte und Gastwirte. Hotels wurden gebaut.

1881 wurde das neue Amtshaus in Bestwig bezogen.

1894 ließ sich der erste Arzt in Bestwig, Dr. Kuhlmann, nieder